Melanie Sauter – Professur für Politikwissenschaft, Analytische internationale Politik
Interview mit Prof. Dr. Melanie Sauter, Lehrstuhl für Analytische Internationale Politik
„Warum haben Sie sich für die Universität Mannheim entschieden?“
Ich habe mich für die Universität Mannheim entschieden, weil sie ein starkes internationales Forschungsprofil, insbesondere im Bereich der Politikwissenschaften, aufweist. Beeindruckt hat mich der Schwerpunkt auf empirische und quantitative Forschung, der sehr gut zu meinem eigenen Forschungsprofil passt. Zudem schätze ich, dass die Universität ein modernes, eher am amerikanischen Modell orientiertes Bildungssystem besitzt. Dieses unterscheidet sich von traditionellen Strukturen, die man an älteren deutschen Universitäten noch häufiger findet. Das macht Mannheim besonders attraktiv für junge Forschende wie mich.
„Wo haben Sie vorher gearbeitet“
Vor meinem Wechsel nach Mannheim war ich in Oxford, davor in Oslo und davor in Florenz tätig. Also, um ehrlich zu sein, bin ich nicht wegen der Schönheit der Stadt nach Mannheim gekommen – vor allem nicht nach Stationen wie Oxford oder Florenz. Der eigentliche Grund war die hohe Qualität der Universität und es ist auch schön, wieder ein Stück näher an den deutschsprachigen Raum zurückzukehren. Ich komme aus der Schweiz und Mannheim liegt sehr günstig. Nach meiner Ausbildung in der Schweiz ist es bereichernd, deutschsprachigen Universitäten etwas zurückgeben zu können. Es ist angenehm, nicht mehr so weit weg von dem eigenen System zu sein.
„Was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?“
Mein Schwerpunkt liegt in der Friedens- und Konfliktforschung, wobei ich mich auf zwei zentrale Bereiche konzentriere: Zum einen untersuche ich die Rolle humanitärer Akteure und Friedenskommissionen während laufender Konflikte. Zum anderen beschäftige ich mich zunehmend mit dem Einfluss von klimatischen Bedingungen auf Konflikte, insbesondere wie Klimawandel – etwa extreme Dürreperioden in Afrika – Konfliktdynamiken beeinflusst. Ein wichtiger Aspekt meiner Forschung ist dabei die Frage, welche Maßnahmen die internationale Gemeinschaft ergreifen kann, um solche Situationen vor Ort zu verbessern.
„An welchem aktuellen Projekt arbeiten Sie gerade?“
Derzeit arbeite ich an einem Forschungsantrag, der sich speziell mit der Rolle humanitärer Akteure in klimabedingten Konflikten auseinandersetzt. Darüber hinaus beschäftige ich mich intensiv mit der Nutzung von Satellitendaten, um klimatische Bedingungen vor Ort präzise zu messen. So können wir anhand von Daten ermitteln, wie grün das Gras in bestimmten Regionen ist, was oft aussagekräftiger ist als reine Niederschlagsmessungen. Denn selbst wenn es in einer Region nicht regnet, bedeutet das nicht automatisch, dass dort Dürre herrscht. Eventuell kommen Regierungsmaßnahmen zum Tragen, um Wasser effizient zu verteilen. Mit den Satellitendaten können wir also sehr genau feststellen, wie sich die Bedingungen auf die lokale Bevölkerung und die Viehhirten auswirken. Gerade Konflikte zwischen Bauern und Viehhirten, die um Wasser und Weideland konkurrieren, eskalieren häufig gewaltsam.
Dieses Projekt ist stark interdisziplinär ausgerichtet und profitiert von der Zusammenarbeit mit Geographen und ihren Methoden, wie beispielsweise die Analyse von Vegetationsdaten. Das Projekt bezieht somit naturwissenschaftlichen Grundlagen zu Klima- und Vegetationsbedingungen ein. An der Universität Mannheim arbeiten an den anderen Fachbereichen zum Beispiel Wirtschaftswissenschaftler*innen oder Jurist*innen.
„Was haben Sie studiert?“
Ich habe Politikwissenschaft in Zürich studiert, sowohl im Bachelor als auch im Master. Für meinen Master bin ich nach Norwegen gegangen, wo ich mich auf Friedens- und Konfliktstudien spezialisiert habe. Anschließend promovierte ich in Florenz am Europäischen Hochschulinstitut in Politik- und Sozialwissenschaften. Das Thema des Programms war recht allgemein, aber ich habe mich bereits dort auf Konfliktdynamiken spezialisiert. Meine Forschung setzte ich in Oxford fort und arbeitete dabei an meinem Buchmanuskript.
„Worum geht es in Ihrem Buch?“
In meinem Buch thematisiere ich das Paradoxon humanitärer Neutralität in Konflikten. Selbst bei neutralem Verhalten werden humanitäre Akteure fast immer als parteiisch wahrgenommen. Das liegt vor allem daran, dass eine Partei, die einen als neutral betrachtet, dazu führt, dass die andere Partei einen zwangsläufig verdächtigt, mit der Gegenseite „unter einer Decke“ zu stecken. Das Buch baut auf meiner Doktorarbeit auf und arbeitet aktuelle Forschungsergebnisse ein. Jetzt muss ich das Buch nur noch fertigstellen, und dann kommt der lange Prozess der Publikation – in der Wissenschaft mahlen die Mühlen bekanntlich langsam.
„Was ist der bisher größte Unterschied zu Ihrem vorherigen Arbeitsplatz?“
Das ist für mich noch schwer zu sagen, da ich erst seit drei Wochen hier bin. Der größte Unterschied liegt wahrscheinlich in meiner neuen Rolle als Juniorprofessorin. Zuvor war ich zweimal Post-Doc in Oxford und Oslo. Jetzt trage ich natürlich mehr Verantwortung.
Etwas, das hier auffällt und generell für das deutschsprachige System, also in der Schweiz und Deutschland, typisch ist: Man hat als Dozent*in viel mehr Freiheit in der Lehrgestaltung. Jeder kann seine Kurse selbst entwerfen und so unterrichten, wie er es möchte. An vielen anderen internationalen Universitäten sind die Curricula hingegen feste vorgegeben und man wird einem Kurs zugewiesen, der jedes Jahr ähnlich abläuft. Hier habe ich die Freiheit, meine Forschungsschwerpunkte zu unterrichten. Das bedeutet zwar mehr Aufwand, bietet aber auch viel kreativen Spielraum bietet. Beispielsweise unterrichte ich zurzeit die beiden Kurse im Bachelor: Klimakonflikte und Humanitarian Politics.
Ein weiterer Unterschied ist die Digitalisierung. In Norwegen war alles komplett digitalisiert – kein einziges Blatt Papier mehr. Hier hingegen ist vieles noch analog.
„Was ist ihr*e Lieblingssänger*in oder Lieblingsband?“
Ehrlich gesagt, habe ich keine wirkliche Lieblingssängerin oder Lieblingsband – diese Frage stresst mich ein bisschen. Ich höre ziemlich querbeet Musik, besonders gerne beim Arbeiten. Dabei darf es aber nicht zu textlastig sein, eher etwas Instrumentales, wie elektronische Musik oder klassische Stücke. Während meiner Zeit in Italien habe ich auch eine Vorliebe für italienische Volkslieder entwickelt, die mich sehr angesprochen haben. Aber generell fällt es mir schwer, mich auf einen bestimmten Stil oder auf eine Band festzulegen.
„Mit welcher berühmten Person würden Sie in die Mensa gerne essen gehen und warum?“
Ich habe mir diese Frage tatsächlich schon vor ein paar Jahren überlegt. Damals war ich ein großer Fan von Michelle Obama und würde auch heute noch gerne mit ihr essen gehen. Ich finde sie spannend und inspirierend – nicht nur als Politikwissenschaftlerin, sondern auch von Frau zu Frau. Besonders beeindruckt mich, wie sie es geschafft hat, sich trotz des großen Schattens ihres berühmten Mannes einen eigenen Namen zu machen und ihre eigenen Projekte erfolgreich voranzutreiben.