Interview mit Prof. Dr. Nan Zhang, Lehrstuhl für Evidenzbasierte Politikforschung
„Wieso haben Sie sich für die Universität Mannheim entschieden?“
Ich denke, dass vor allem unerwartete Chancen und Glück eine Rolle gespielt haben. Alles begann damit, dass meine Frau vor ein paar Jahren angefangen hat, ihren Post-Doc hier in Mannheim zu absolvieren. Zur gleichen Zeit erhielt ich eines der großen Stipendien von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Es ließ mir keine Wahl der Assoziation an einem Institut. Schlussendlich habe ich mich dann für das Mannheimer Zentrum für Sozialforschung an der Universität Mannheim entschieden, weil auch meine Frau hier arbeitet. Im letzten Jahr hatte ich das Glück, dass mir hier eine Professur angeboten wurde.
„Wo liegt Ihr aktueller Forschungsschwerpunkt?“
Ich habe mehrere Publikationen zu klassischen Themen wie Staatsaufbau und Staatsentwicklung verfasst, wobei ich zunehmend historische Daten einbezogen habe. Mein aktueller Forschungsschwerpunkt liegt jedoch auf der Untersuchung von Gruppenbeziehungen, Sprache und Identität, sozialen Normen und staatsbürgerlichem Verhalten. Zu den wesentlichen Anwendungsbereichen zählen die Erforschung der Einwanderung, der ethnischen Vielfalt sowie Staats- und Nationenbildung. Ein Beispiel ist mein aktuelles Forschungsprojekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird. Es setzt sich mit ethnischer Vielfalt und Kooperation auseinander. Mich inspirierten meine eigenen Erfahrungen als zweifacher Immigrant. Häufig werde ich gefragt, woher ich komme. Meine Antwort ist: „Ich komme aus Kalifornien.“ Dies reicht manchen Menschen nicht aus und oft haken sie weiter nach: „Woher kommst du wirklich?“ Eine Frage, die sich auf meine Vorfahren bezieht. Diese Erfahrungen lassen mich nachdenken, wie sich Menschen verhielten, wenn ich Deutscher wäre. Diese Überlegungen bildeten den Anstoß zu einer Reihe von Feldexperimenten, die den wesentlichen Bestandteil meiner aktuellen Forschung ausmachen.
“Welche Fächer haben Sie studiert?”
Ich komme aus den USA. Aus diesem Grund habe ich auch mein ganzes Studium dort verbracht. Meinen Bachelor absolvierte ich in Berkeley und hatte die Hauptfächer Wirtschaft und Politikwissenschaft. Auf Wunsch meiner Eltern, die hofften, ich würde als guter asiatischer Sohn Medizin oder Jura studieren, begann ich ein Jurastudium an der Stanford University. Bereits nach dem ersten Tag wusste ich jedoch, dass Jura nicht meine Leidenschaft war. Zum Glück bot sich mir die Möglichkeit, im Rahmen eines kombinierten Studienprogramms in Politikwissenschaft zu promovieren und zugleich einen Abschluss in Rechtswissenschaften zu machen. Im Anschluss arbeitete ich mehrere Jahre in der Forschung. Ich habe mich mit Verhaltensökonomie und Soziologie beschäftigt. Aber meine Leidenschaft ist die Politikwissenschaft. Jura habe ich also hinter mir gelassen. Aber immerhin habe ich ein schönes Zertifikat.
„Was ist bisher der größte Unterschied zwischen der Universität Mannheim und Ihren beruflichen Stationen?“
Bevor ich an die Universität Mannheim gekommen bin, arbeitete ich am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Es ist ein reines Forschungsinstitut. Man residiert in einer Villa und hat keinen Kontakt zu Studentinnen und Studenten. Wir waren ein Team von etwa 30 bis 40 Personen, die gemeinsam an verschiedenen Forschungsprojekten arbeiteten. Jede Woche hatten wir eine Art Institutsversammlung, ähnlich einem Seminar, bei der wir uns regelmäßig austauschten. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass wir am MPI nicht lehren mussten.
An der Universität Mannheim hingegen ist die Lehre ein integraler Bestandteil unserer Tätigkeit. Es freut mich zu sehen, wie Studierende lernen und sich weiterentwickeln. Allerdings erfordert die Lehre einen erheblichen Zeitaufwand, der neben der eigenen Forschung aufgebracht werden muss. Forschung ist essenziell, um Stipendien oder Beförderungen zu erhalten. Ich bin davon überzeugt, dass die wirkliche Herausforderung darin besteht, Lehre und Forschung effektiv miteinander zu verbinden.
Eine der Ideen, die ich für das nächste Semester habe, ist, dass die Studenten der Politikwissenschaft eine Art praktisches Tutorium absolvieren. Wir entwerfen und führen ein gemeinsames Forschungsprojekt. Wir sammeln Daten und werten sie aus. Und am Ende schreiben wir eine Arbeit, an der alle als Autoren beteiligt sind.
“Wer war Ihre Lieblingsband oder ihr Lieblingssänger?“
Vielleicht liegt es daran, dass ich in Berkeley studiert habe und die UC Berkeley eine ziemliche Hippie-Stadt ist. Aber mein Lieblingssänger ist tatsächlich Bob Dylan. Witzigerweise mag ich Bob Dylan, weil er nicht singen kann, jedenfalls meine ich, dass der junge Bob Dylan es nicht konnte. Nichtsdestotrotz war er ein großartiger Musiker. Ich selbst spiele auch ein paar Instrumente und kann ebenfalls nicht singen.
„Mit welcher berühmten Person würden Sie gerne in die Mensa gehen und warum?“
Das ist die Frage, mit der ich am meisten zu kämpfen hatte. Ich muss zugeben, dass ich seit 20 Jahren nicht mehr in irgendeiner Kantine gewesen bin. Ich bin ein „Snob“, wenn es um Essen geht. Für ein gutes Gespräch wäre es interessant, einfach einen coolen Koch wie Yotam Ottolenghi oder Anthony Bourdain am Tisch zu haben. Wir könnten über das Leben nachdenken und einfach sehen, was passiert. Vielleicht ist die Kantine hier sehr gut, sodass sie mitkommen.
*Bei diesem Interview handelt es sich um eine deutsche Übersetzung. Das Originalinterview wurde auf Englisch geführt.