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Corina Aguilar-Raab – Professur für Klinische Psychologie, Interaktions- und Psychotherapieforschung

Corina Aguilar-Raab lehrt und forscht seit Anfang Oktober 2023 an der Fakultät für Sozial­wissenschaften. Die neuberufene Professorin erklärt, warum sie sich für die Universität Mannheim entschieden hat und teilt ihre spannenden Forschungs­schwerpunkte.

Interview mit Prof. Dr. Corina Aguilar-Raab, Lehr­stuhl für für Klinische Psychologie, Interaktions- und Psychotherapieforschung

Wieso haben Sie sich für die Universität Mannheim entschieden? 

Ich habe mich aus drei Gründen für die Universität Mannheim entschieden. Erstens wegen der inhaltlichen Ausrichtung. Der Schwerpunkt auf Sozial­wissenschaften entspricht meinen Forschungs- und Praxiszielen. Zweitens bieten die strukturellen Voraussetzungen an der Universität Mannheim viele Vorteile. Die Wissenschafts­infrastruktur ermöglicht es, meine Kernziele in Forschung, Lehre und Patientenversorgung voranzutreiben. Drittens ist der Standort ideal. Dies gilt sowohl für die Kolleg*innen im Fach­bereich als auch für Kooperationen. Es gibt viele Dinge, die mir in die Karten spielen, über die ich mich sehr freue, obwohl man nicht alles in der eigenen Hand hat. 

Was ist Ihr Forschungs­schwerpunkt? 

Im Mittelpunkt meiner Forschung steht die Beziehungs­qualität. Ich unter­suche soziale Interaktionen im Kontext von Gesundheit und psychischen Störungen. Mich interessiert, welche Bedeutung beispielsweise Angehörige oder generell die Gestaltung von Beziehungen sowie emotional-soziale Kompetenzen auf eine Intervention bzw. Psychotherapie haben. Ich frage danach, wie herausfordernde (Lebens-)Situationen etwa mit der Hilfe von Emotions­regulation, Selbstregulation und sozialen-emotionalen Kompetenzen bewältigt werden können. In welcher Verbindung stehen Werte und Ziele, die man im Leben verfolgt, mit dem Bedürfnis des Menschen als sozial integriertes Wesen zu handeln. Wie können wir uns gesund – psychisch und physisch – unseren Zielen widmen?  

Ein zweiter, wichtiger Aspekt meiner Forschung widmet sich der contemplative science und seinen Praktiken. Das klingt auf den ersten Blick abstrakt. Wenn man hört, welche Konzepte sich dahinter verbergen, wird es gleich greifbarer. Am bekanntesten sind Achtsamkeit und Mitgefühl. Ich begreife sie als Qualitäten und Techniken. Sie tragen dazu bei, Veränderungen herbeizuführen, die sowohl individuellen wie auch sozialen Zielen dienen. Außerdem erforsche ich Outcome- und Prozess­faktoren in der Psychotherapieausbildung. Mit meinen Mitarbeiter*innen stelle ich Über­legungen an, wie Symptomreduktion mit der Qualität der therapeutischen Allianz verknüpft werden kann. Mein vierter Forschungs­schwerpunkt liegt auf der Messung und der Identifizierung von Alltagsindikatoren für Therapieerfolg. Schließlich widme ich mich den Grundlagen und Mechanismen in der Psychotherapieforschung, insbesondere bindungs­relevanten, stresssensitiven und immunsensitiven Parametern sowie ätiopathogenetischen Faktoren und ressourcen­orientierten Ansätzen. In Mannheim plane ich, diese Forschungs­bereiche weiterzuentwickeln und freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Studierenden. 

Welche Fächer haben Sie studiert? 

Ich habe Diplom-Psychologie in Heidelberg studiert. Nach dem Studium habe ich unter­schiedliche Interessengebiete vertieft und mich auf zwei Fach­gebiete spezialisiert. Zum einen die tiefenpsychologisch fundierte und zum anderen die systemische Psychotherapie. Für beide Bereiche besitze ich die Approbation. Darüber hinaus habe ich Fortbildungen zu Achtsamkeit und Mitgefühl absolviert. Zum Beispiel am Center for Contemplative Science and Compassion-Based Ethics in Atlanta, USA. Ein weiteres Interessensgebiet von mir ist Palliativ- oder End-of-Life-Care, sowohl für ältere Menschen als auch für Personen mit lebens­bedrohlichen Erkrankungen. Zusätzlich engagiere ich mich in einem Projekt namens See-Learning. Es konzentriert sich auf sozial-emotionales und ethisches Lernen im Bildungs­bereich. Ich habe einen engen Bezug zu Asien, vor allem Indien, Südostasien und auch Nepal. Einige Zeit habe ich in Nepal verbracht, wo ich in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer ambulanten Einrichtung für psychisch beeinträchtigte Menschen gearbeitet habe. Diese Erfahrung war für mich besonders prägend. Ich kann mich sehr genau an alle Details erinnern. 

Was ist bisher der größte Unter­schied zwischen der Universität Mannheim und Ihrem vorherigen Arbeits­platz? 

Der Unter­schied zwischen Heidelberg und Mannheim ist nicht wahnsinnig groß. Man kann ihn am besten über die institutionelle Zugehörigkeit und Aufgaben beschreiben. In Heidelberg war ich an der medizinischen Fakultät der Universität tätig. Ich habe in der Medizinpsychologie gelehrt. Das ist ein Lehr­fach für Medizin­studierende im vorklinischen Abschnitt. Darüber hinaus war ich eng verbunden mit der psychologischen Fakultät. Zum Beispiel habe ich in der Bildungs­psychologie gelehrt und psychologisches Wissen Lehr­amts­studierenden vermittelt. In Mannheim gehöre ich zur Fakultät für Sozial­wissenschaften. Einige der Forschungs­schwerpunkte aus der medizinischen Psychologie werde ich hier weiterverfolgen. Ein neuer Schwerpunkt in Mannheim ist die Ausgestaltung des klinischen Master­programms. Meine Lehr- und Berufserfahrung – wie zum Beispiel als Vertretungs­professorin in Kassel – helfen mir dabei.  

Wer ist ihre Lieblingsband oder Lieblingssänger*in? 

Ich interessiere mich für viele Musikrichtungen und habe ganz viele Lieblingskünstler*innen! Zuletzt war ich auf einem Konzert von Alin Coen, die eine sehr berührende Musik macht, ähnlich wie Agnes Obel. Dota Kehr, auch als Kleingeldprinzessin bekannt, ist eine weitere Künstlerin, die mich fasziniert. Aktuell höre ich auch gerne Soul Music, – auch zusammen mit meinen Kindern – insbesondere von Andreya Triana. Diese Künstlerinnen inspirieren mich momentan sehr. 

Mit welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne mal in die Mensa gehen und warum? 

Um ehrlich zu sein, musste ich bei dieser Frage lachen. Mich interessiert nicht, ob jemand berühmt ist. Mich interessieren Menschen, die leidenschaft­lich für eine Sache brennen. Mir fallen als erstes Friedensnobelpreisträger*innen ein, die sich für den gesellschaft­lichen Wandel und ein friedvolles Miteinander einsetzen. Malala Yousafzai, eine junge Frau, die für Bildungs­gerechtigkeit kämpft, ist eine inspirierende Persönlichkeit. Salman Rushdie, der wegen seiner gesellschafts­kritischen Position auch persönlich angegriffen wurde, fasziniert mich ebenfalls. Ich hatte bisher wenig persönlichen Kontakt zu solchen Menschen. Daher würde ich gerne mehr über ihre Motivation und Über­zeugungen erfahren. Ich würde sie fragen, und dazu müsste man nicht unbedingt in die Mensa gehen, welche innere Über­zeugung sie bewegt. Ich würde versuchen, die Person hinter der Berühmtheit kennenzulernen.  

Sich für eine gute Sache einzusetzen, liegt mir sehr am Herzen. Das kann man vielleicht auch ein bisschen mit dem Lehr­stuhl. Spannend fände ich, wenn ein solches Treffen nicht exklusiv wäre, sondern offen für Studierende, Personal und andere Beteiligte. Mich inspiriert, gemeinsam Dinge voranzutreiben und Begegnungs­räume zu schaffen. Das heißt, nicht nur dem genuinen, wissenschaft­lichen Er­kenntnisgewinn zu dienen. Ich freue mich darauf, mich zu den großen Fragen mit den Studierenden auszutauschen und sie gemeinsam zu reflektieren. 

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