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Egoistisch oder über-altruistisch? Beides macht keine Freunde

- Vincent Gaertner –

Egoistische und über-altruistische Personen werden in Gruppen negativ bewertet.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Freunden für ein gemeinsames Essen einkaufen. Bei der Bezahlung des Einkaufs  begleichen einige Ihrer Freunde fair ihren Anteil, andere zahlen weniger als sie eigentlich müssten und wieder andere steuern sogar mehr als ihren Anteil bei. Nun stellen Sie sich vor, dass Sie nach ein paar Wochen das Ganze wiederholen möchten. Mit welchen Ihrer Freunde teilen Sie erneut die Rechnung? Mit denjenigen, die sich fair oder denjenigen, die sich unfair verhalten haben? Und was ist mit denjenigen, die sogar mehr zum Gemeinwohl beitrugen, als nötig gewesen wäre?

Die amerikanischen Forscher Craig Parks und Asako Stone haben diese Frage in einem Experiment unter­sucht. Dafür wurden ProbandInnen vorgegeben, sie seien Teil einer fünfköpfigen Gruppe. Im Rahmen eines Spiels wurden den Teilnehmenden Punkte zugeteilt, die sie wahlweise einbehalten oder auf ein Gruppen­konto einzahlen konnten, wo sich die Punkte automatisch vermehrten.  Danach durften sie aus dem Gruppen­konto einen Betrag herausnehmen und für sich behalten. Nach einigen Runden wurden die Teilnehmenden darüber informiert, wie sich die anderen Gruppen­mitglieder während des Spiels angeblich verhalten hatten.  Es wurde angegeben, dass drei der vier anderen fair gehandelt hatten,  ihre Entnahme also auch ihren Einzahlungen entsprachen. Das vierte Mitglied hingegen hat sich anscheinend entweder sehr egoistisch (wenig eingezahlt, viel entnommen) oder sehr altruistisch (viel eingezahlt, wenig entnommen) verhalten. Schließlich sollten die Teilnehmenden angeben, wie gerne sie mit den anderen Gruppen­mitgliedern künftig interagieren wollten.

Es zeigte sich, dass egoistische Mitglieder als unbeliebter bewertet wurden als faire. Erstaunlicherweise ergab sich  aber  auch, dass die Teilnehmenden altruistische Mitglieder ebenso schlecht bewerteten wie egoistische. Wie sich in weiteren Studien zeigte, hatte diese negative Bewertung zwei Gründe: Entweder empfanden die Teilnehmenden den Altruismus der Gruppen­mitglieder als zu hohe Messlatte, an der sie nicht gemessen werden wollten, oder sie waren der Meinung, dass die altruistischen Mitglieder zu sehr von der Norm abwichen.

Diese Befunde deuten daraufhin, dass wir weder egoistische noch über-altruistische Menschen um uns herum mögen, sondern uns am liebsten zwischen Menschen aufhalten, die sich fair verhalten. Es ist also durchaus möglich, dass Sie zukünftig beim Einkauf nur noch mit solchen Freunden gemeinsame Kasse machen, die beim letzten Mal weder weniger noch mehr als Ihren Anteil gezahlt haben.

Parks, C.D., & Stone, A.B. (2010). The desire to expel unselfish members from the group. Journal of Personality and Social Psychology, 99(2), 303–310.

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