DE / EN

Interview mit Mannheim Debating Union

In diesem Interview gibt Sören Bürkle, Vorstandsmitglied der Initiative Mannheim Debating Union, spannende Einblicke in die Arbeit der Organisation und erklärt die zentralen Ziele des Vereins.

Wie kam es zur Entstehung eurer Initiative und was waren die Beweggründe?

Unsere Initiative wurde im Jahr 2007 als eingetragener Verein gegründet. Da ich selbst erst seit drei Jahren Teil des Teams bin, kenne ich die Gründungsmitglieder nicht persönlich. Die Beweggründe lassen sich jedoch gut an unserer Satzung ablesen: Im Mittelpunkt steht die Förderung der deutschen Sprache sowie einer lebendigen Debattenkultur. Ziel ist es, Debatten als festen Bestandteil demokratischer Diskurse in die Gesellschaft zu tragen.  Wir verstehen uns als Plattform, auf der eine offene, respektvolle und argumentative Auseinandersetzung gefördert wird.

Du hast bereits erwähnt, dass die Förderung der Debattenkultur im Zentrum eurer Initiative steht. Wie setzt ihr dieses Ziel konkret um?

Unsere Arbeit gliedert sich im Wesentlichen in zwei Bereiche. Zum einen fördern wir das kompetitive Debattieren – also das Debattieren als eine Art geistigen Wettkampf. In diesem Rahmen bieten wir unseren Mitgliedern die Möglichkeit, sich rhetorisch weiterzuentwickeln und ihre Argumentationsfähigkeit zu schärfen. Dazu treffen wir uns wöchentlich zu Übungsdebatten: dienstags auf Englisch und mittwochs auf Deutsch. Ergänzt werden diese Sitzungen durch Workshops, die spezifische Fähigkeiten wie Redestruktur oder Körpersprache trainieren.

Der zweite Bereich besteht darin, unsere Vorstellung einer demokratischen Debattenkultur in die Gesellschaft zu tragen. Das geschieht vor allem durch öffentliche Veranstaltungen zu politischen Themen. So haben wir beispielsweise im Rahmen der Mannheimer Oberbürgermeisterwahl eine Debatte mit den Kandidierenden organisiert, ebenso wie zur Europawahl. Bei diesen Formaten steht der Austausch mit der Öffentlichkeit im Vordergrund – die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich aktiv einzubringen. Auf diese Weise möchten wir über unseren eigenen Kreis hinauswirken und Debatten als demokratisches Werkzeug erfahrbar machen.

Und wie läuft so eine Debatte bei euch ganz konkret ab – nur ganz allgemein zur Vorstellung?

Eine typische Debatte beginnt damit, dass die Teilnehmenden zum Debattenabend kommen und in Teams eingeteilt werden. Danach folgt eine etwa 15-minütige Vorbereitungszeit, während der sich die Teams mit dem Thema auseinandersetzen, Argumente sammeln und eine gemeinsame Argumentationsstrategie entwickeln.

Es gibt zwei Seiten: die Regierung, die den Vorschlag unterstützt, und die Opposition, die diesen ablehnt. Die Themen sind dabei so gestaltet, dass man klar Stellung beziehen kann – also entweder dafür oder dagegen. Anschließend treten die Rednerinnen und Redner der beiden Seiten abwechselnd ans Rednerpult. Jede Rede dauert sieben Minuten, in denen die jeweiligen Argumente präsentiert und auf die Gegenseite eingegangen wird.

Begleitet wird die Debatte in der Regel von zwei bis drei Jurorinnen oder Juroren, die die Redebeiträge bewerten. Dabei fließen sowohl rhetorische Fähigkeiten als auch die inhaltliche Qualität in die Bewertung ein. Am Ende erhalten alle Rednerinnen und Redner ein ausführliches Feedback, das insbesondere auf individuelle Verbesserungsmöglichkeiten eingeht – gerade im Hinblick auf die Argumentationsführung und die rhetorische Wirkung. Und oft lassen wir den Abend danach noch gemütlich bei einem Essen oder Getränk ausklingen.

Wie macht ihr auf eure Debattenabende aufmerksam und gewinnt neue Mitglieder?

Zu Beginn jedes Semesters veranstalten wir zwei sogenannte Kick-Offs – jeweils einen für die englischsprachige und einen für die deutschsprachige Debatte. Diese bestehen aus einem Einführungsworkshop, bei dem die Grundlagen des Debattierens vermittelt werden, sowie einer ersten kleinen Probedebatte. Unser Ziel ist es, den Teilnehmenden direkt ein Gefühl dafür zu geben, wie viel Spaß und Spannung im Debattieren steckt.

Ebenso wichtig ist uns, eine Gemeinschaft über die Debatte hinaus aufzubauen. Deshalb organisieren wir regelmäßig soziale Aktivitäten, um den Teamgeist zu stärken – vom gemeinsamen Besuch eines Pubquizzes über Ausflüge auf den Weihnachtsmarkt bis hin zu Spieleabenden.

Zur Bekanntmachung unserer Veranstaltungen nutzen wir verschiedene Kanäle: Wir sind auf Social Media aktiv und haben eigens ein Team für Öffentlichkeitsarbeit, das regelmäßig Inhalte erstellt und verbreitet. Außerdem gehen wir aktiv in Vorlesungen, insbesondere bei Erstsemestern, um dort direkt auf unsere Angebote aufmerksam zu machen. Nicht zuletzt sind wir auch jedes Semester auf dem Initiativenmarkt vertreten – eine gute Gelegenheit, um mit interessierten Studierenden persönlich ins Gespräch zu kommen.

Inwiefern können Mitglieder eurer Initiative persönlich und professionell wachsen?

Ich denke, auf beiden Ebenen – persönlich wie auch professionell – bietet das Debattieren eine Menge Potenzial zur Weiterentwicklung. Allein schon die Tatsache, regelmäßig vor anderen Menschen zu sprechen, stärkt das Selbstvertrauen enorm. Unsere Debatten finden in einem wertschätzenden Umfeld statt, in dem Fehler erlaubt sind und alle voneinander lernen können. Gerade für diejenigen, die anfangs vielleicht Hemmungen haben, frei zu sprechen, ist das ein guter Einstieg. Viele verlieren relativ schnell die Angst vor öffentlichen Auftritten.

Darüber hinaus fördern die wöchentlichen Debatten und die begleitenden Workshops gezielt rhetorische Fähigkeiten – von klarer Argumentation über den Umgang mit Gegenpositionen bis hin zur überzeugenden Körpersprache. Hinzu kommt das strukturierte Feedback durch unsere Jurorinnen und Juroren, das den individuellen Fortschritt unterstützt.

Diese Kompetenzen sind nicht nur im akademischen Kontext hilfreich, sondern lassen sich auch im Berufsleben vielseitig einsetzen – sei es bei Präsentationen, in Bewerbungsgesprächen, im Vertrieb oder in der Teamkommunikation. Alles, was mit zwischenmenschlicher Interaktion und überzeugendem Auftreten zu tun hat, wird durch das Debattieren gestärkt. Viele unserer Mitglieder berichten, wie sehr ihnen diese Erfahrungen langfristig zugutekommen.

Worum geht es in euren Workshops genau?

Unsere Workshops konzentrieren sich auf zwei Hauptbereiche: Rhetorik und Argumentation. Im rhetorischen Teil geht es darum, selbstbewusst und überzeugend aufzutreten – etwa durch gezielten Stimmeinsatz, Körpersprache oder den Umgang mit Nervosität. Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch der Aufbau von Selbstvertrauen beim Sprechen vor Publikum.

Inhaltlich liegt der Fokus auf dem Aufbau starker Argumente: Was macht ein gutes Argument aus? Wie ist es logisch aufgebaut? Und wie lassen sich Argumentationslinien im Team sinnvoll aufeinander abstimmen?

Geleitet werden die Workshops vor allem von erfahrenen Mitgliedern, insbesondere von jenen, die seit mehreren Jahren aktiv sind. Einer unserer Haupttrainer ist unser Präsident Basti, der zusätzlich eine Trainerausbildung über den Dachverband absolviert hat. Ergänzend nehmen wir regelmäßig an Weiterbildungen teil und kooperieren gelegentlich mit anderen Clubs – etwa aus Heidelberg.

Erhält eure Initiative externe Unterstützung oder agiert ihr überwiegend unabhängig?

Grundsätzlich sind wir als Initiative relativ unabhängig organisiert. Es gibt jedoch einige punktuelle Förderungen, die uns gezielt unterstützen. Zum einen sind wir dem Dachverband der Debattierclubs im deutschsprachigen Raum angeschlossen. Darüber hinaus steht uns die Deutsche Debattiergesellschaft (DDG) zur Seite – ein Alumni-Verein ehemaliger Debattierender. Die DDG unterstützt uns beispielsweise jedes Semester mit einem kleinen finanziellen Beitrag von etwa 100 Euro, insbesondere zur Mitgliedergewinnung rund um unsere Kick-Off-Veranstaltungen. Das ist zwar kein großer Betrag, hilft uns aber sehr bei der Organisation dieser Events.

Zusätzliche Fördermittel erhalten wir gelegentlich für spezifische Veranstaltungen. So werden beispielsweise politische Debatten oder größere Turniere, wie etwa die Süddeutsche Meisterschaft, durch projektbezogene Fördermittel unterstützt. Diese Mittel decken dann ausschließlich die Kosten des jeweiligen Events. Unsere regelmäßigen Clubabende und die interne Vereinsarbeit bestreiten wir hingegen komplett eigenständig.

Ihr habt am vergangenen Wochenende die Süddeutschen Meisterschaften ausgerichtet. Worum ging es dabei?

Die Süddeutsche Meisterschaft ist Teil der Campus-Debattenserie unseres Dachverbands VDCH. Diese Serie umfasst mehrere Turniere über das akademische Jahr hinweg und gipfelt in der Deutschen Meisterschaft. Wir in Mannheim durften dieses Jahr eine der drei Regionalmeisterschaften ausrichten.

Am Samstag fanden die Vorrunden statt, am Sonntag dann die Halbfinals und das große Finale. Besonders am Finale hervorzuheben ist, dass es öffentlich statt findet und von einer Ehrenjury begleitet wird – bei uns war unter anderem Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl dabei.

Für uns war das Event ein echtes Highlight, da wir seit 2018 kein so großes Turnier mehr veranstaltet hatten. Umso mehr freuen wir uns, dass alles reibungslos lief und wir die Debattierkultur sichtbar nach außen tragen konnten.

Wie ist die Veranstaltung aus eurer Sicht verlaufen?

Insgesamt lief die Veranstaltung wirklich gut. Ich war gemeinsam mit Bastian Schieck und Khang Nguyen Teil des Organisationsteams. Es gab keinerlei Beschwerden – was aus meiner Sicht immer ein positives Zeichen ist. Im Gegenteil: Die Rückmeldungen waren überwiegend erfreulich, und zum Abschluss gab es großen Applaus.

Auch wenn die Zahl der Gäste überschaubar war, zeigte sich das Publikum sehr interessiert. Besonders wichtig war uns auch der Eindruck der Ehrenjury, und da hatten wir das Gefühl, dass ihnen die Veranstaltung gefallen hat. Das ist für uns bedeutend, da diese Personen das Event auch in die Öffentlichkeit tragen können – unter anderem durch ihre Reichweite.

Insgesamt können wir also sagen: Es war ein fairer und gelungener Wettbewerb. Wir sind sehr zufrieden mit dem Ablauf.

Finden die Wettkämpfe nur regional statt oder auch bundesweit und international?

Die Wettkämpfe finden auf allen Ebenen statt – regional, bundesweit und international. Im deutschsprachigen Raum sind bundesweite Turniere üblich. Darüber hinaus gibt es englischsprachige Debatten, bei denen man auch international antritt. So fahren wir zum Beispiel im August zur Europameisterschaft nach Kopenhagen. Die Weltmeisterschaft fand letztes Jahr in Vietnam statt und dieses Jahr in Bulgarien – also weltweit verteilt.

Grundsätzlich kann jeder an den Turnieren teilnehmen. Bei Europa- und Weltmeisterschaften richtet sich die Anzahl der Startplätze pro Club nach dem bisherigen Erfolg – vergleichbar mit einem Ligasystem. Erfolgreiche Teams haben dann Vorrang. Im deutschsprachigen Raum wird die Teilnahme dagegen meist ausgelost. Nur Ausrichter erhalten als Anerkennung zusätzliche Startplätze, etwa für die Deutsche Meisterschaft. Aber prinzipiell: Mitmachen kann man überall.

Was war bisher deine eindrücklichste Debatte?

Das ist gar nicht so leicht zu sagen. Eine besonders prägende Erfahrung war für mich das Halbfinale der Süddeutschen Meisterschaft im vergangenen Jahr, das ich gemeinsam mit Khang Nguyen bestritten habe. Für unseren Club war es das erste Mal, dass wir so weit gekommen sind – entsprechend bedeutend war der Moment.

Die Debatte selbst war sehr anspruchsvoll: Es ging um Urheberrecht im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz – ein Thema, das nicht unbedingt zu unseren Spezialgebieten gehörte. Umso herausfordernder war es. Aber allein in einem größeren Raum vor Publikum zu stehen und auf dieser Bühne zu debattieren, war für mich ein ganz besonderes Erlebnis.

Welchen Einfluss hat Ihre Arbeit auf die Universität und das Umfeld?

Innerhalb der Universität bieten wir Studierenden die Möglichkeit, ihre rhetorischen Fähigkeiten gezielt weiterzuentwickeln. Das ist ein zentraler Aspekt unserer Arbeit. Wenn wir größere Turniere ausrichten, trägt das außerdem dazu bei, die Universität positiv zu repräsentieren – nicht nur als akademische Institution, sondern auch als Ort, an dem junge Menschen demokratische Debattenkultur aktiv leben und fördern.

Darüber hinaus reicht unser Einfluss auch über die Universität hinaus. Besonders bei politischen Debatten waren Teilnehmende und Gäste aus verschiedenen Generationen vertreten – nicht nur Studierende. Dadurch entsteht ein breiter gesellschaftlicher Austausch, der weit über den Campus hinauswirkt. Wir sind überzeugt, dass wir so einen Beitrag zur Stärkung der demokratischen Diskussionskultur in der Region leisten.

Gab es einen Moment, in dem ihr das Gefühl hattet, mit eurer Arbeit in der Initiative etwas zu verändern?

Für mich persönlich war das regelmäßig der Fall. Durch das Debattieren habe ich schnell an Selbstsicherheit gewonnen – gerade beim freien Sprechen. Schon im dritten Semester konnte ich ein Tutorium ganz entspannt leiten, weil ich ein Jahr Debattiererfahrung hatte.

Auch bei anderen sehen wir diese Entwicklung: Viele kommen mit Unsicherheiten und überwinden nach und nach ihre Scheu, vor Publikum zu sprechen. Diese Fortschritte mitzuerleben, ist sehr erfüllend.

Auf größerer Ebene zeigt sich unser Einfluss etwa bei politischen Debatten oder Turnieren wie der Süddeutschen Meisterschaft. Wenn Teilnehmende mit positiven Eindrücken nach Hause gehen und unseren Club damit verbinden, ist das für uns ein klares Zeichen, dass wir etwas bewegen.

Wie würdest du die Atmosphäre in eurer Initiative beschreiben?

Die Atmosphäre bei uns ist sehr entspannt. Wir sind eine eher kleine Initiative mit etwa 20 aktiven Mitgliedern – man kennt sich, ist befreundet, es fühlt sich an wie ein lockerer, großer Freundeskreis. Es ist völlig in Ordnung, mal eine Woche nicht zu kommen – Teilnahme ist jederzeit freiwillig.

Wir legen großen Wert darauf, einen Safe Space zu schaffen, in dem alle ohne Angst reden und sich ausprobieren können. Anders als in manchen anderen Initiativen gibt es bei uns kein kompetitives Klima, sondern ein offenes, unterstützendes Miteinander.

Neben den wöchentlichen Treffen stärken vor allem gemeinsame Turnierfahrten den Zusammenhalt. Wenn wir als Team gegen andere Clubs antreten, entstehen oft ganz besondere, verbindende Erfahrungen.

Wie kann man Teil eurer Initiative werden?

Das ist ganz unkompliziert. Es sind keinerlei Vorkenntnisse nötig – wer Interesse hat, kann einfach spontan vorbeikommen: Dienstags um 19 Uhr in O226–28 für die englischsprachige Debatte oder mittwochs um 19 Uhr für die deutschsprachige.

Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich. Wer möchte, kann sich vorab auch über Instagram oder per Mail an infomail-debating-mannheim.de melden – aber das ist kein Muss. Wir erklären vor Ort alles Wichtige, und dann geht’s auch direkt los mit der ersten Debatte. Einfach vorbeischauen und mitmachen! 

Back