Unsere Forschungsschwerpunkte
Essen im sozialen Kontext: Rolle von Familie, Freund*innen und Peers
Warum essen wir, was wir essen? Danach gefragt, geben Menschen alle möglichen Antworten – weil sie Hunger haben, weil es vor ihnen steht, oder weil es gesund ist. Einen der wichtigsten Gründe übersehen sie oft: Den sozialen Kontext. Essen ist eine soziale Aktivität. Gemeinsames Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch sozialer Kitt, Wertschätzung, Informationsaustausch – da ist zusammen essen oft wichtiger als die Gesundheit der Nahrung (Stichwort Geburtstagskuchen!).
Wir arbeiten mit psychologischen und Computational Social Data Science Methoden um besser zu verstehen, wie soziale Faktoren unser Essverhalten beeinflussen. Wir führen Experimente, Alltagsbeobachtungsstudien (wie Experience Sampling Studien), Untersuchungen im Videolabor und Panelstudien durch. Wir analysieren Daten aus sozialen Medien, machen Meta-Analysen und arbeiten am theoretischen Fundament von Essen im sozialen Kontext.
Ist gemeinsames Essen gesund?
Es kommt darauf an. Bei Paaren finden wir beispielsweise, dass sie vor allem deutlich an Gewicht zunehmen, wenn sie zusammenziehen oder heiraten; zum Gewichtsverlust führt allein eine Trennung (Mata et al., 2018). Wir führen die Gewichtszunahme und die damit verbundene veränderte Ernährung vor allem auf den neuen sozialen Kontext zurück. Bei Familien sieht es anders aus: Kinder essen mehr Obst und Gemüse und haben ein gesünderes Körpergewicht, wenn sie häufiger mit der Familie essen und diese darüber hinaus z. B. den Fernseher ausschaltet, Eltern als Vorbilder auch selbst Gemüse essen oder eine positive Mahlzeitatmosphäre herrscht (Dallacker et al., 2018, 2019). Junge Erwachsene freunden sich eher mit anderen an, die ähnliche Vorlieben im Essen haben wie sie selbst – und sie passen sich auch über die Zeit an ihre Freund*innen an (z. B. darin, wie viel Fleisch sie essen). Im Kontext sozialer Medien kann das Posting über den eigenen Konsum den Obst- und Gemüseverzehr unterstützen (Kilb et al., 2022). Wir arbeiten aktuell sowohl an der theoretischen Fundierung von Essen im sozialen Kontext als auch an empirischen Studien in verschiedensten sozialen Kontexten um diese Theorien zu überprüfen.
Ausgewählte Publikationen
- Dallacker, M., Knobl, V., Hertwig, R., & Mata, J. (2023). Effect of Longer Family Meals on Children’s Fruit and Vegetable Intake: A Randomized Clinical Trial. JAMA Network Open, 6(4), Article e236331. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.6331
- Kilb, M., Giese, H., & Mata, J. (2023). How eating-related social media postings influence healthy eating in senders and network members: Two field experiments with intensive longitudinal data.Appetite.
- Knobl, V., Dallacker, M., Hertwig, R. & Mata, J. (2022). Happy and healthy: How family mealtime routines relate to child nutritional health. Appetite, 171(Article 105939). doi.org/10.1016/j.appet.2022.105939
- Dallacker, M., Hertwig, R. & Mata, J. (2019). Quality matters: A meta-analysis on components of healthy family meals. Health Psychology, 38(12), 1137–1149. https://doi.org/10.1037/hea0000801
- Dallacker, M., Hertwig, R. & Mata, J. (2018). The frequency of family meals and nutritional health in children: A meta-analysis. Obesity Reviews, 19(5), 638–653. https://doi.org/10.1111/obr.12659
- Mata, J., Richter, D., Schneider, T. & Hertwig, R. (2018). How cohabitation, marriage, separation, and divorce influence BMI: A prospective panel study. (PDF) Health Psychology, 37(10), 948–958. doi.org/10.1037/hea0000654
Gesundes Essen – gesunder Planet
Gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit gehören eng zusammen: Mehr Pflanzen, weniger Fleisch, mehr saisonale und weniger hochverarbeitete Produkte senken nicht nur das Risiko chronisch-degenerativer Erkrankungen, sie schützen auch Tiere und Umwelt (und damit wiederum menschliche Gesundheit).
Ausführliche Informationen zu all diesen Aspekten sind nur einen Mausklick entfernt – warum entscheiden sich trotzdem so viele Menschen dafür, lieber nicht genau zu wissen, woher ihr Fleisch kommt oder welche Konsequenzen der Fleischverzehr haben kann? Wir untersuchen, warum Menschen bewusst ignorant sind, wie solche Ignoranz überwunden werden kann und welche Folgen neu gewonnen Erkenntnisse haben können.
Fleisch essen findet im sozialen Kontext statt. Menschen suchen sich Freund*innen mit ähnlichem Fleischkonsum aus und passen sich auch in ihrem Konsum aneinander an (Herwig et al., 2022). Aktuell untersuchen wir, wie Familien ihren Fleischverzehr verhandeln, wie Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, wahrgenommen werden und wie sie ihre soziale Umwelt im Einklang mit ihren Gesundheits- und Umweltzielen verändern.
Wir arbeiten mit psychologischen und Computational Social Data Science Methoden, führen Experimente und Panelstudien durch und analysieren soziale Netzwerkdaten sowie Daten aus sozialen Medien um Essverhalten zu verstehen.
Ausgewählte Publikationen
- Kadel, P., Heist, N., Paulheim, H., & Mata, J. (2024). From Pixels to Palate: Communication around #vegan on Instagram and its relation with eating intentions. (PDF) Appetite, 200, Article 07518. https://doi.org/10.1016/j.appet.2024.107518
- Matthies, E., Reese, G., Mata, J., Fritsche, I., Hofmann, W., Geiger, S., Cohrs, J. C., Loy, L., & Henn, L. (2024). Wie kann die Psychologie zur Bewältigung der Klimakrise beitragen? Psychologische Rundschau, 75(2), 177–182. https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000673
- Knobl, V., & Mata, J. (2024). Intersecting perspectives: Advocating for sustainable family meals across generations. Appetite, 201, Article 107618. https://doi.org/10.1016/j.appet.2024.107618
- Herwig, I. E., Mata, J. & Kadel, P. (2022). Eine Umfrage zur Unterstützung eines stärker pflanzenbasierten Angebotes in einer Universitäts-Mensa – Ein Praxisbericht. Umweltpsychologie, 25(2), 63–81.
- Herwig, I. E., Giese, H., & Mata, J. (2022, August 23 – 27). (M)eating like your friends? Social Friendship Networks and Meat Consumption [Conference Poster Presentation]. European Health Psychology Society Conference, Bratislava, Slovakia. https://osf.io/dh9fa/
- Inauen, J., Contzen, N., Frick, V., Kadel, P., Keller, J., Kollmann, J., Mata, J. & van Valkengoed, A. (2021). Environmental issues are health issues: Making a case and setting an agenda for environmental health psychology. (PDF) European Psychologist, 26(3), 219–229.
- Kadel, P., Herwig, I. E., & Mata, J. (2023). Deliberate ignorance—a barrier for information interventions targeting reduced meat consumption? Psychology & Health.
Soziale Ungleichheit, Gesundheit und Gesundheitsverhalten
Die Lebenserwartung von Personen mit höherem Bildungsstand ist in Deutschland bis zu 11 Jahre länger als die von Personen mit niedrigerem Bildungsstand. Vergleichbare Zahlen finden sich auch für Einkommen. Bei Personen mit Migrationsgeschichte gibt es unterschiedliche Befunde – kürzlich migrierte Personen sind im Mittel einerseits gesünder, gleichzeitig erkranken ihre Kinder in der zweiten Migrationsgeneration deutlich häufiger und leben kürzer. Woher kommen diese Unterschiede? Ein Schlüssel sind Gesundheitsverhaltensweisen, wie Sport und Ernährung.
Wir untersuchen zum einen, wie sich unterschiedliche sozioökonomische Gruppen in ihrem Denken über Gesundheitsverhalten, ihren Gesundheitsverhaltensweisen, und in ihrer Verhaltensänderung durch Gesundheitsinterventionen unterscheiden (z. B. Klink et al., 2022; Mata et al., 2022; Schüz et al., 2021). Dabei finden wir beispielsweise, dass in Europa sowohl Personen mit niedrigerem Bildungsstand als auch Personen mit höherem Einkommen mehr Fleisch essen.
Anders sein – egal ob durch starkes Übergewicht (Emmer et al., 2020) oder Migrationserfahrung – hängt oft mit Stigmatisierung oder Diskriminierung, erhöhtem Stresserleben und schlechterer psychischer Gesundheit zusammen. Aktuell erforschen wir, ob Stress, im Zusammenhang mit Migration und der damit oft verbundenen Diskriminierungserfahrungen durch Gesundheitsverhalten abgemildert werden kann.
Um diese Fragen zu untersuchen, führen wir Meta-Analysen, Experimente, Alltagsbeobachtungsstudien (wie Experience Sampling Studien), und Panelstudien durch.
Ausgewählte Publikationen
- Emmer, C., Dorn, J., & Mata, J. (2024). The immediate effect of discrimination on mental health: A meta-analytic review of the causal evidence. (PDF) Psychological Bulletin, 150(3), 215–252. https://doi.org/10.1037/bul0000419
- Emmer, C., Bosnjak, M. & Mata, J. (2020). The association between weight stigma and mental health: a meta-analysis. (PDF)Obesity Reviews, 21(1), Article e12935. https://doi.org/10.1111/obr.12935
- Emmer, C., Dorn, J., & Mata, J. (2022, August 23–27). The effect of discrimination on mental health: A meta-analysis of the causal evidence [Oral presentation]. (PDF) European Health Psychology Society, Bratislava, Slovakia.
- Emmer, C., Kalter, F., & Mata, J. (2021, August 23–27). Associations of cultural identity with health behaviors and health outcomes [Oral presentation]. (PDF) European Health Psychology Society, digital conference.
- Klink, U., Mata, J., Frank, R., & Schüz, B. (2022). Socioeconomic differences in animal food consumption: Education rather than income makes a difference.Frontiers in Nutrition, 9, Article 993379. https://doi.org/10.3389/fnut.2022.993379
- Mata, J., Kadel, P., Frank, R., & Schüz, B. (2023). Education- and income-related differences in processed meat consumption across Europe: The role of food-related attitudes. Appetite, 182, Article 106417. https://doi.org/10.1016/j.appet.2022.106417
- Mata, J. & Hertwig, R. (2018). Public beliefs about obesity relative to other major health risks: Representative cross-sectional surveys in the USA, the UK, and Germany. Annals of Behavioral Medicine, 52, 273–286.
- Schüz, B., Meyerhof, H., Hilz, L. K., & Mata, J. (2021). Equity Effects of Dietary Nudging Field Experiments: Systematic Review. (PDF)Frontiers in Public Health, 9, Article 668998. https://doi.org/10.3389/fpubh.2021.668998
Gesundheitsverhalten und Wohlbefinden
Es gibt klare Richtlinien und Empfehlungen, zur gesunden Ernährung oder körperlichen Aktivität. Personen, die sich an diese Richtlinien halten, haben ein geringeres Risiko für chronisch-degenerative Krankheiten wie kardiovaskuläre Erkrankungen. Weniger erforscht ist, welche Auswirkungen körperliche Aktivität, Ernährung oder Essverhalten auf Wohlbefinden und psychische Gesundheit haben.
Macht körperliche Aktivität immer glücklicher? Wenn ja, muss ich joggen oder reicht spazieren? Erhöht Snacking positiven Affekt oder eher Schuldgefühle? Bin ich weniger gestresst, wenn ich auf guten Schlaf achte und mich regelmäßig bewege? Kann ich durch Gesundheitsverhalten auch meine Leistungsfähigkeit zum Beispiel an der Universität stärken?
Methodisch untersuchen wir diese Fragen mit intensiven Longitudinalstudien und Meta-Analysen, wir machen Experimente und messen Bewegungs- und Schlafverhalten durch Aktigraphie.
Ausgewählte Publikationen
- Flückiger, L., Lieb, R., Meyer, A. H., Witthauer, C. & Mata, J. (2016). The importance of physical activity and sleep for affect on stressful days: Two intensive longitudinal studies.Emotion, 16,488–497.
- Kadel, P., Schneider, S., & Mata, J. (2020). Soft drink consumption and mental health problems: Longitudinal relations in children and adolescents.Social Science & Medicine, 258, 113–123.
- Mata, J., Wenz, A., Rettig, T., Reifenscheid, M., Moehring, K., Krieger, U., Friedel, S., Fikel, M., Cornesse, C., & Blom, A. G. (2021). Health behaviors and mental health before and during the COVID-19 pandemic: A longitudinal population-based survey. Social Science & Medicine, 287:114333.
- Mata, J.,Hogan, C. L., Joormann, J., Waugh, C. E., & Gotlib, I. H. (2013). Acute exercise attenuates negative affect following repeated sad mood inductions in persons who have recovered from depression.Journal of Abnormal Psychology, 122, 45–50.
- Mata, J., Thompson, R. J., Jaeggi, S., Buschkuehl, M., Jonides, J., & Gotlib, I. H. (2012). Walk on the bright side: Physical activity and affect in Major Depressive Disorder.Journal of Abnormal Psychology, 121, 297–308.