Der jahrhundertealte Menschheitstraum vom Leben im Schlaraffenland ist in Erfüllung gegangen: Bei uns fließen Milch und Honig, jede Art von Essen ist fast jederzeit verfügbar und das fast ohne körperliche Anstrengung. Das erklärt vielleicht unseren sedentären Lebensstil, aber noch nicht, warum die meisten Deutschen so wenig Obst und Gemüse essen, wenn doch alles angeboten wird.
Warum ist Leben im Schlaraffenland weniger gesund?
Denken, Fühlen und Verhalten spielt sich in einem Kontext ab. Neben individuellem Wissen, Motivation, Affekt und Planung ist auch entscheidend, welche Nahrungsmittel einfach zu haben und besonders ansprechend sind oder wie leicht körperliche Aktivität in die tägliche Routine integriert werden kann.
Ganz entscheidend ist auch, was andere machen: Gemeinsames Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch sozialer Kitt, Wertschätzung, Informationsaustausch - da ist zusammen sein oft wichtiger, als die Gesundheit der Nahrung. Essen ist eines der zentralen Themen in sozialen Medien - und ein Großteil der geposteten Essensbilder zeigen Junk Food. Was Kinder essen wird maßgeblich von ihren Eltern bestimmt - und das bei ca. 10.000 Mahlzeiten bis zum 10. Lebensjahr. Wissen und Verhalten der Eltern wirken sich daher signifikant auf Essverhalten, Körpergewicht und Gesundheit ihrer Kinder aus.
Wie kann man Gesundheitsverhalten besser verstehen - und verändern?
Unser Team am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie erforscht neben individuellen Determinanten von Gesundheitsverhalten auch wie sich Umweltfaktoren auswirken. Dabei liegt unser aktueller Schwerpunkt auf der sozialen Umwelt: Wie wirken Partner/
Wir möchten soziale Einflussfaktoren vor allem im Bereich Ernährung, Bewegung und Körpergewicht verstehen und gesundheitspsychologische Modelle entwickeln, die individuelle und Umweltfaktoren berücksichtigen.
Es gibt klare Richtlinien und Empfehlungen, wie wir uns ernähren oder körperlich aktiv sein sollten. Personen, die sich an diese Richtlinien halten, haben ein geringeres Risiko für chronisch-degenerative Krankheiten wie kardiovaskuläre Erkrankungen. Weniger erforscht ist, welche Auswirkungen körperliche Aktivität, Ernährung oder Essverhalten auf Wohlbefinden und psychische Gesundheit haben.
Macht Sport glücklicher? Schwächt körperliche Aktivität depressive Symptome ab? Wenn ja, wie aktiv muss ich sein? Erhöht Snacking positiven Affekt oder eher Schuldgefühle? Bin ich weniger gestresst, wenn ich auf guten Schlaf achte und mich regelmäßig bewege? Bringt Gesundheitsverhalten noch mehr als „sich besser fühlen“ – kann ich damit, zum Beispiel, auch meine Leistungsfähigkeit an der Universität stärken oder mich besser in einer neuen Heimat integrieren?
Methodisch untersuchen wir diese Fragen mit intensiven Longitudinalstudien – online oder per Smartphone –, Meta-Analysen, wir machen Experimente, messen Bewegungs- und Schlafverhalten durch Aktigraphie und erheben auch physiologische Maße wie Cortisol oder genetische Marker.
Am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie möchten wir zum einen verstehen, ob und in welcher Dosis Gesundheitsverhalten wirkt. Zum anderen untersuchen wir durch welche psychologischen und biologischen Mechanismen Gesundheitsverhalten auf psychisches Befinden, Gesundheit, Stresserleben und akademische Leistungsfähigkeit wirkt. Ein aktueller Schwerpunkt ist die Bedeutung von Gesundheitsverhalten für Wohlbefinden und Integration von Personen die nach Deutschland migriert sind.
Übergewicht ist das Ergebnis des Zusammenspiels komplexer individueller und Umweltprozesse. Allerdings denken die meisten Laien, dass Personen mit Übergewicht an ihrem Körpergewicht vor allem selbst schuld seien und berücksichtigen den Einfluss der Gene und Umwelt gar nicht oder zu wenig. Eine der Folgen ist die Stigmatisierung von Personen mit Übergewicht und Adipositas.
Welche Auswirkungen hat diese Stigmatisierung für Betroffene? Welche Folgen hat sie für die Akzepanz und Umsetzung von Maßnahmen zur Prävention von und Intervention bei Übergewicht?
Diese Fragen untersuchen wir am Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie vor allem durch Befragungen und Meta-Analysen. Ziel ist ein besseres Verständnis von Stigma und seinen psychologischen und gesellschaftlichen Folgen.