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Diagnostik mit Blickbewegungs­daten am Beispiel des räumlichen Denkens

Die Fähigkeit zum räumlichen Denken ist ein wichtiger Intelligenzfaktor, der Zusammenhänge mit Bildungs­erfolg in mathematischen, natur­wissenschaft­lichen und technischen Bereichen aufweist. Auch beim Lernen mit Multimedia und dem Verständnis komplexer Visualisierungen spielt räumliches Denken eine wichtige Rolle. Die Fähigkeit zum räumlichen Denken wird mit Aufgaben gemessen, bei denen Personen sich vorstellen sollen, bestimmte räumliche Transformationen „im Kopf“ durchzuführen. Solche imaginierten Transformationen sind beispielsweise Drehungen von Objekten (mentale Rotation), Veränderung der eigenen räumlichen Perspektive (Perspektivenwechsel) oder mehrschrittige, komplexere Umwandlungen (Visualisieren).

Die Aufgaben, die man bislang – insbesondere in der Forschung, aber auch in Intelligenztests – zur Messung der Fähigkeit verwendet, sind wenig standardisiert. Studien zeigen, dass viele Tests Probleme aufweisen, wenn man untersucht, wie Personen die Aufgaben tatsächlich lösen. Bisweilen sind dazu keine räumlichen Transformationen notwendig, man kann auch analytisch vorgehen (z.B. nach dem Ausschlussprinzip). Aus Gründen der Validität und um die Effizienz der Messung zu verbessern, ist es daher interessant, die Lösungs­strategien der Testpersonen sichtbar zu machen. Erkennt und vergleicht eine Person systematisch relevante Bildelemente in einer komplexen visuellen Aufgabe, und wendet sie diese Strategie bei unterschiedlichen Items an? Hierzu können Blickbewegungs­muster wertvolle Einsichten liefern.

Blickbewegungs­analysen sind allerdings mit den bisher verfügbaren Tests des räumlichen Denkens nicht sinnvoll möglich. Es gibt beispielsweise zu wenige gleichartig konstruierte Aufgaben. Um dieses und andere Probleme zu lösen, wurden neue Tests des räumlichen Denkens entwickelt, und zwar für die Faktoren Visualisieren und mentales Rotieren. Der Test für das Visualisieren besitzt mehrere Schwierigkeits­stufen mit jeweils gleichartig konstruierten, homogenen Items und wurde an verschiedenen konventionellen Tests validiert. Mehrere laufende Studien bearbeiten Fragestellungen zum Potential von Blickbewegungen, Lösungs­strategien zu identifizieren und zur effizienten Vorhersage der Fähigkeit des räumlichen Denkens beizutragen. Darüber hinaus werden weitere Parameter zur Fähigkeits­bestimmung herangezogen, insbesondere die Messung kognitiver Belastung mittels Pupillometrie.

Ansprech­partner: Dr. Benedict C. O. F. Fehringer

 

Ausgewählte Publikation:
Fehringer, B. C. O. F. (2019). The diagnostic potential of eye tracking and pupilometry in the context of spatial thinking. Doktorarbeit, Universität Mannheim, Mannheim.